In Florenz waren wir natürlich auch in den Uffizien einer der umfangreichsten Gemäldeausstellung der Welt, die echt sehr beeidruckend war. Viele Künstler haben immer wieder die gleichen Motive verarbeitet, die meistens was mit biblischer Geschichte zu tun hatten, so dass beim Betrachten der Bilder in manchen Räumen der Gedanke aufkam: „Ahja, mal wieder Maria und die üblichen Verdächtigen!“. Deshalb haben uns recht schnell vor allem die Bilder fasziniert, bei denen wir zumindest mal kurz überlegen mussten, wie die genaue Rahmenstory war, da sie nicht ganz so präsent ist. Grundsätzlich halte ich mich recht bibelfest, was die Geschichten des alten Testaments angeht, weswegen mich Giorgiones „Feuerprobe des Mosesknaben“ etwas länger beschäftigt hat, da mir diese Story bisher nicht bekannt war.
In der Bibel, dem Koran und der Torah wird die Geschichte von Moses relativ ähnlich erzählt. Nachdem die Söhne Jakobs aufgrund einer Hungersnot, zu ihrem vorher nach Ägypten verkauften Bruder Joseph, gezogen waren, siedelten sie sich dort an und vermehrten sich. Im 14. Jahrhundert v. Chr. herrschte dann ein anderer Pharao, der den Nachkommen Jakobs, die man unter anderem auch Hebräer nannte, nicht mehr so positiv gesonnen war und deswegen dafür sorgen wollte, dass sie sich noch weiter vermehren. Aus diesem Grund ordnete er die Tötung aller hebräischen neugeborenen Jungen an. In anderen Versionen der Geschichte ist die Rede von einem Traum des Pharao, der dahigehend gedeutet wurde, dass aus den Hebräern ein Mann hervorgehen würde, der den Pharao stürzen würde, was für diesen dann der Grund war, den oben bereits genannten Tötungsbefehl zu geben.
Nun folgt die allseits bekannte „Moses im Körbchen“-Story, die auch auf vielen Gemälden künstlerisch verarbeitet wurde. Moses Mutter Jochebed wollte ihren Sohn retten und bastelte deswegen ein Körbchen aus Schilf, bestrich es mit Pech, damit es wasserdicht ist und legte Klein-Moses hinein. Nun setze sie Kind im Körbchen am Ufer des Nils aus und ließ ihre Tochter Miriam beobachten. Die Tochter des Pharaos kommt zum Baden an den Nil, findet das Körbchen mit dem Kind, nimmt es mit nach Hause und will es behalten. Miriam bleibt in der Nähe und als ihr kleiner Bruder von keiner der Ammen Milch annehmen will, schlägt sie ihre Mutter als möglich Amme vor, was zur Folge hat, dass Klein-Moses nicht nur gerettet ist, sondern außerdem noch regelmäßig von seiner Mutter gesehen wird und versorgt werden kann. In anderen Überlieferungen war es die Frau des Pharao, die den kleinen Moses fand und bei sich aufnahm, aber das ist wohl hier eher nebensächlich.
Nun kommt der Teil der Geschichte, den ich nicht kannte und der so auch nicht in der Bibel zu finden ist. Eines Tages spielte der kleine Moses in der Gegenwart des Pharaos und – je nach Überlieferung – zerzauste er entweder den Bart des Herrschers oder warf seine Krone auf den Boden. Der Pharao war darüber sehr wütend und wollte das Kind töten lassen, doch seine Stiefmutter versuchte dem Pharao klarzumachen, dass das kleine Kind ihn nicht demütigen wollte, sondern einfach noch nicht den nötigen Verstand habe. Deshalb schlug sie die Feuerprobe vor, um den Beweis zu erbringen, dass Kinder in diesem Alter noch nicht wirklich denken. Klein-Moses wurde also eine Schale mit Gold und Edelsteinen präsentiert und eine mit glühenden Kohlen. Der Griff zum Schmuck sollte den Verstand beweisen, der Griff in die Kohlen den kindlichen Unverstand. Dank der Eingebung des Engels Gabriels griff Moses nicht nur nach den glühenden Kohlen, sondern steckte sie sich auch noch in den Mund und verbrannte sich dabei die Zunge. Das wiederum soll die Erklärung dafür sein, dass er der Überlieferung nach „eine schwere Zunge“ hatte und sich in bestimmten Situation lieber von seinem Bruder Aaron vertreten ließ, wobei sich die Experten darüber streiten, ob es sich dabei um einen Sprachfehler, Stottern oder mangelnde Beredsamkeit handelt.
Das Motiv der Feuerprobe wurde nur von wenigen anderen Künstlern aufgegriffen und ich freue mich, dass ich durch das Stolpern über ein Bild so viel Neues gelernt habe 🙂
Quellen:
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