Von Schlammschlachten, positiven Ansätzen und blankem Unsinn

Da auch in den letzten zwei Wochen wieder einiges passiert ist, das im Zusammenhang mit dem heiß diskutierten Thema steht, welche Auswirkung Computer- und Videospiele auf junge Menschen haben, möchte ich euch einen kurzen Abriss über die Entwicklungen in diesem Bereich geben.

Mittlerweile ist die Diskussion über die Wirkung von virtuellen Spielen und die möglichen damit verbundenen Konsequenzen zu einer regelrechten Schlammschlacht zwischen Politikern und Medien hoch gekocht. Jeder gibt seinen Senf dazu, mag er nun wirklich gut informiert sein oder nicht, und wartet mit möglichen Ideen Lösung des Problems auf. Der schwarze Peter wird von Einem zum Anderen geschoben, die wirklichen Auslöser von Gewalt werden aus verschiedenen Gründen immer wieder verdrängt, da die ach so offensichtliche Erklärung, dass die Spiele dafür verantwortlich sind, ja so einfach ist und offensichtlich auf der Hand liegt. Leider wird es, so ernst die Fälle in denen die besagten Spiele als Erklärungsmuster herangezogen werden auch sind, langsam aber sicher lächerlich, da eine nähere Beschäftigung mit den soziokulturellen Lebensbedingungen ganz offensichtlich zeigt, dass da schon viel früher einiges im Argen lag.

Doch es gibt natürlich auch wieder sehr positive Bemühungen und Entwicklungen auf der anderen Seite, die deutlich zeigen, dass auch die Spielehersteller sich ihre Gedanken machen und entsprechend reagieren. Da solche Entwicklungen in meinen Augen auch das Wichtigste überhaupt sind, um diese leidigen Debatten über das Für und Wider der Spiele zu beenden, möchte ich mich diesen auch zuerst widmen.

take2_logoDer Spielhersteller Take2 hat in diesem Jahr ein kleines aber wichtiges Zeichen gesetzt, das zeigt, dass sie sich der Verantwortung den Jugendschutz zu unterstützen, durchaus bewusst sind und nicht wie den Herstellern im Allgemeinen häufig vorgeworfen wird, nur an ihren Profit denken. So bitten sie in einer Pressemitteilung darum, dass Eltern und Großeltern beim Kaufen der später als Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegenden Spiele unbedingt auf die Alterskennzeichungen der USK achten sollten, da diese als Orientierungshilfe dienen um die richtigen Spiele für die entsprechende Altersgruppe zu selektieren.

„Gerade beim Kauf von Videospielen, die verschenkt werden, sollte immer auf die Alterskennzeichnungen geachtet werden“, so Arwed-Ralf Grenzbach, Geschäftsführer von Take 2 Interactive Deutschland. „Genau wie Filme werden auch einige Spiele mit der Kennzeichnung „Keine Jugendfreigabe“ versehen, da sie nur für Personen über 18 Jahren bestimmt sind – dies sollte man sich beim Verschenken von Videospielen immer ins Gedächtnis rufen. Take 2 Interactive unterstützt alle Bemühungen, Spiele, die nur für ältere Jugendliche oder Erwachsene bestimmt sind, von Kindern fernzuhalten. Wir empfehlen allen, die wegen Inhalten von Videospielen besorgt oder unsicher sind, sich bezüglich des deutschen Alterskennzeichnungssystems zu informieren und dessen Umsetzung zu unterstützen. Die gesamte Unterhaltungssoftwareindustrie sowie Sony, Microsoft, Nintendo und unsere Handelspartner sind darauf bedacht, die Altersfreigaben der USK ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und setzen sich für ein breiteres Verständnis des Altersfreigabesystems ein“, so Grenzbach weiter.

Auch Thomas Zeitner (Deutschland-Chef von EA) äußerte sich in einem Interview, das die Frankfurter Rundschau mit ihm und Herrn Beckstein zum Thema Alterkennzeichnungen führte. Er machte deutlich, dass die so genannten Erwachsenenspiele (also die ohne Altersfreigabe) nur einen Marktanteil von fünf Prozent haben und dass er es nicht für gerechtfertigt ansehe, dass darum ein solcher Wirbel veranstaltet werde. Zeitner sagte wörtlich:

„Sollen wir die Spiele erst ab 25 freigeben? Das ist nicht praktikabel. Als 18-Jähriger werden sie zum Bund eingezogen, als Freiwilliger oder Zeitsoldat gehen sie in Auslandseinsätze nach Afghanistan, nach Somalia. Das erwarten wir von den Menschen, aber gleichzeitig sagen wir ihnen: Diese Compueterspiele dürft ihr nicht kaufen und spielen. Das passt doch nicht zusammen.“

Leider drängt sich in diesem Zusammenhang auch gleich schon wieder das Gerangel um die Kompetenz der USK auf, das vor allem von dem mit Vorliebe durch diverse TalkShows tingelnden Christian Pfeiffer forciert wird und auf das nun mittlerweile die USK entsprechend reagiert. Und wie in jedem guten Duell sucht man sich natürlich auch möglichst eindrucksvolle Sekundaten, die einen unterstützen. So wird Herr Pfeiffer tatkräftig von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und Wolfgang Bosbach, den CDU-Fraktionsvizechef im Bundestag unterstützt, nicht zu vergessen auch von dem immer wieder die gleichen Phrasen … Verzeihung Agrumente wiederholenden Herrn Beckstein.

Böse Zungen und die sie steuernden Gehirne ergehen sich mittlerweile in Gedankenspielen, die das Ergebnis haben, Pfeiffer könne es eventuell auf die finanziellen Mittel der USK abgesehen haben, denn immerhin bezahlen die Spielehersteller jährlich Millionen dafür, dass ihre Spiele durch die USK geprüft werden, andere gehen noch einen Schritt weiter und unterstellen Pfeiffer, er wolle den Job der USK übernehmen. Er, der der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) ist und dort mit Fördergeldern des Landes Niedersachsen, vieler Landes- und Bundesministerien, der Volkswagen-Stiftung und anderer Geldgeber schlicht und ergreifen Forschung produziert, die er dann in die Fernsehlandschaft hinaus trägt um sie all den Unwissenden dort draußen zu präsentieren und damit das Volk, das sich mit Brot und Spielen zufrieden gibt, auf die ‚Medienverwahrlosung‘ aufmerksam zu machen. Welche Möglichkeiten würde sich ergeben, wenn er das einfache Volk nicht nur mit Forschungsergebnissen auf die Missstände aufmerksam machen müsste, sondern direkt auf die geistige Hygiene der Deutschen einwirken könnte. Doch das sind natürlich alles nur Spekulationen und es ist spannend den weiteren Verlauf dieser Entwicklungen zu beobachten.
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USK-Geschäftsführer Klaus Spieler wirft den Hardlinern in dieser Diskussion hingegen vor, dass ihnen an einer Einschränkung der technischen Orientierung im Kindergarten- und Schulalter und nicht an Medienkompetenz gelegen sein und dass sie die Debatte um die Spieleinstufungen nur nutzen würden um die Schulungsprogramme, die die USK für Pädagogen anbiete um die Medienkompetenz schon in einem frühen Stadium der Erziehung zu fördern, gern abgeschafft sehen würden. Pfeiffer reagierte einige Tage später darauf und betonte er wolle die USK nicht abschaffen, sondern stärken, er sehe die Computerspiele aber höchstens als netten Zeitvertreib und messe ihnen nicht die kulturelle Bedeutung zu, wie andere es tun. Darüber hinaus haben Computer nichts in Kindergärten zu suchen, denn er sehe das Eintrittsalter für Computeraktivitäten ab etwa zehn Jahren als gerechtfertigt an. Vielleicht sollte Herr Pfeiffer mal einen Tag in einem Kindergarten oder in einer Grundschule verbringen und sich sich ein Bild davon machen, wie viele Kinder in diesem Alter schon aktiv Computer spielen und das es mehr als nötig ist, dort schon mit einer sinnvollen Medienkompetenzerziehung anzufangen.

Mittlerweile scheint es so, als würde es nicht mehr wirklich um das Wohl der jungen Menschen in dieser Diskussion gehen, sondern um Kompetenzgerangel und Besserwisserei, was ich persönlich sehr schade finde.

An dieser Stelle könnte man glatt vorschlagen den beiden Parteien Game-Pads in die Hand zu geben und ihnen eine Konsole mit einem Spiel wie ‚Smackdown vs. Raw‘ vor die Nase zu stellen, jedoch werden auch Sport-Simulationen nun mittlerweile für Gewalttaten als Erklärungsmuster heran gezogen. So geschehen im Prozess gegen einen 19jährigen am Landsgericht Cottbus, der einen 51jährigen Obdachlosen brutal zusammen getreten hatte, so dass dieser an den Verletzungen starb. Er hatte laut seinen eigenen Aussagen ein massives Problem mit dem Alkohol und sagte selber: „Wenn ich trinke, werde ich aggressiv.“ Außerdem war er schon vor dem Vorfall schon öfter wegen Gewalttaten auffällig geworden.

Sein Freund, mit dem er den ganzen Nachmittag gespielt hatte, erzählte, dass der Täter während der sieben Stunden, die die beiden gespielt hatten, kein einziges Mal gewonnen hatte, was ihn natürlich sehr frustriert haben musste. Nun ist die Frage natürlich die, ob es tatsächlich das Spiel beziehungsweise das Wrestling als solches die Aggressionen auslöst., oder ab es nicht vielmehr der Frust über das Versagen war. Wahrscheinlich hätte er auch beim Mau-Mau-Spielen und verlieren und nebenbei Alkohol trinken eine ähnliche Aggressivität entwickelt.

Ein Skelligeer Soziologie Professor sagte mir in einem letztens geführten Gespräch, dass bei dem Vorwurf der Aggressionsförderung durch Computer- und Videospiele häufig von dem falschen Ansatz ausgegangen werde, denn das Spielen selber sein gar nicht das Problem, vielmehr das Versagen und sich dann minderwertig und frustriert fühlen. Seiner Meinung sollte das deutlich getrennt werden, denn dieses Gefühl kennt sicher jeder, das Verlieren keinen Spaß macht, nur ist es eine Frage der Reife und Ausgeglichenheit der Persönlichkeit, wie man dann damit umgeht. Mir scheint in diesem Fall nahe zu liegen, dass ein cleverer Anwalt den Hype um dieses Thema genutzt hat, um seinem Mandanten einen besseren Stand vor Gericht zu verschaffen und ein bisschen Publicity einzuheimsen, was ihm ja 220px-ReyMysterioSpringboardDudleyoffensichtlich auch gelungen ist. Wrestlingligen wie die WWE werden schon seit Jahren mit den Vorwürfen konfrontiert, dass ihr Shows Kinder und Jugendliche dazu anstiften würde, die Aktionen zu Hause nachzumachen. Trotz einer ganzen Reihe von eindringlichen ‚Dont try this at home‘-Spots, starteten Elterninitiativen in Amerika regelrechte Feldzüge gegen die WWE um Vince McMahon daran zu hindern, ihre unbedarften Kinderchen mit seinen Shows, die eine Mischung aus Sport und Soap sind, zu verderben. Mittlerweile hat sich der Rummel um die Schädlichkeit des Wrestlings gelegt und die WWE hat auf ihrer Seite sogar einen Eltern-Bereich, der beratende Funktion hat um die richtigen Shows für das richtige Alter der lieben Kleinen auszuwählen.

Abschließend noch eine Meldung aus dem Hause EA, die ja nach wie vor sehr bemüht sind Aktionen zur Aufklärung und Dialogbereitschaft zu unterstützen. So auch die bereits im März stattgefundene 1. International Computer Game Conference „Clash of Realities“ in Köln. Nun ist beim Münchner ‚kopaed Verlag‘ der Tagungsband, mit allen Beiträgen die bei der Konferenz clashgesammelt wurden, erschienen. Die Konferenz wurde von Electronic Arts und der Fachhochschule Köln ausgerichtet und hatte das Ziel den dringend nötigen Wissenstransfer zwischen Forschung, Politik, Verbänden, Bildung und Medien anzustoßen.
Die Aufsätze in dem Tagungsband nähern sich dem Thema Computer- und Videospiele aus psychobiologischer, kommunikationswissenschaftlicher, spiel- und kultur­theoretischer, sowie aus psychologischer, soziologischer und pädagogischer Sicht. Gemeinsam ist allen, neben dem fachlichen Interesse an Computerspielen, die Absicht, die Diskussion über interaktive Unterhaltungssoftware zu verstärken und gleichzeitig zu versachlichen.

Dann bleibt mir nicht weiter, als euch für die Aufmerksamkeit zu danken und euch noch ein paar ruhige erholsame Tage zu wünschen, an denen man vielleicht auch mal wieder ganz entspannt spielen kann.

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