Schulöffnung – Erste Eindrücke

Man kann über die Vor- und Nachteile der Schulöffnungen denken, was man will, wenn man als Schule, Schulleitungsteam und Kollegium aufgefordert ist, das zu organisieren, spielt das jedoch eine eher untergeordnete Rolle und soll auch gar nicht Gegenstand dieses Artikel sein. Stattdessen möchte ich ein wenig über die Ereignisse und Abläufe der letzten Woche berichten und nach zwei Tagen mit Schülern einer neunten Abschlussklasse, mit ganz unterschiedlichen Zielen nach dem Sommer, ein kleines erstes Resümee ziehen.

Als Ende letzte Woche die Entscheidung fiel, dass die Jahrgänge 9 und 10 zur Prüfungsvorbereitung unter Berücksichtigung bestimmter Hygienevorschriften und Regularien in die Schule kommen sollen, hatten wir als Schule inklusive Wochenende sechs Tage Zeit, alles vorzubereiten. Das betraf die Bestellung von Desinfektionsmittel, der Selbstorganisation von Sprühflaschen, die an den im Hausslang betitelten Detox-Stationen an den Eingängen aller Jahrgangsflure und in der Pausenhalle zum Einsatz kommen, die Aufteilung von insgesamt 8 Klassen in 24 Gruppen mit festen Raum- und Sitzplatzzuordnungen, damit die Abstandregeln gewahrt werden können, die Planung des gestaffelten Ankommens und Gehens der Gruppen, der Einsatz von Lehrkräften in den Gruppen, das Abfragen der Einsatzfähigkeit von Lehrkräften bzw ihrer Zugehörigkeit zu Risikogruppen, die Kommunikation mit den Schülern, wann sie wo zu sein haben und wie sie sich auf dem Weg in ihren temporären Klassenraum verhalten sollen, das Markieren von Laufwegen, die Organisation der Notbetreuung der Fünft- und Sechstklässler mit systemrelevanten Eltern sowie die vom Jugendamt als betreuungsbedürftig eingeschätzten Schüler und, und, und. Das alles natürlich, während „nebenbei“ noch ca. 25 Klassen über Homeschooling versorgt werden, von denen viele beengt wohnen und kaum technisches Equipment zu Hause haben.

Das war schon spannend zu erleben, wie ein Kollegium, dass aus ca. 80 Personen (Regelschullehrkräfte, Sonderschullehrkräfte, SchulsozialarbeiterInnen und pädagoischen Fachkräften) besteht, das gewuppt bekommt. Plötzlich gab es keinen verlässlichen Stundenplan, keinen Vertretungsplan, ganz viel Autonomie und damit auch Verantwortung wurde den Klassenteams (alle Lehrkräfte, die in einer Klasse unterrichten) gekoppelt an klare Vorgaben übertragen, es wurde viel auf Freiwilligkeit gesetzt und die Flut der Informationen und Rückfragen pro Tag war immens. Als ich dann gestern den ersten Tag mit Teilen meiner Klasse verbringen durfte, war ich ein bisschen aufgeregt, als ich in die Schule fuhr und wusste, das sich nun zeigen sollte, wie gut unsere Planung und Organisation in der Realität ist.

Zusätzlich zu den vorgegebenen Maßnahmen haben wir für alle Personen, die sich im Schulgebäude bewegen, Maskenpflicht verordnet. Wenn dann alle ihren Platz im Klassenraum gefunden haben und arbeiten, darf die Maske abgesetzt werden. Bewegt man sich im Raum oder muss ein bisschen näher aneinander heran, weil etwas erklärt werden muss, setzt man die Maske wieder auf. Wir hatten alle Schüler informiert, dass diese Regeln auch bei der Ankunft in der Schule gilt und in Ermangelung von Einwegmasken einen Bastelstand mit Servietten und Gummibändern am Eingang aufgestellt. Laut dem Kollegen, der gestern und heute der „Türsteher“ war, musste dieser aber sehr selten genutzt werden, weil die meisten Schüler eigene Masken hatten. Der Kollege hatte sich eine Poolnudel mitgenommen, um immer wieder Schülergruppen bildlich deutlich zu machen, wie weit auseinander man für zwei Meter Abstand gehen muss und ich feiere ihn sehr für diese Idee. Es gab keine Ballungen, weil zu viele Schüler gleichzeitig angekommen waren und das Desinfizieren an den Detox-Stationen schien auch gut funktioniert zu haben. Im Gebäude verteilt waren Lehrkräfte zur Aufsicht unterwegs und die Stimmung war insgesamt gut.

Wir hatten uns für unsere Klasse ein rotierendes Verfahren überlegt, bei dem drei Lehrkräfte abwechselnd in den drei Klassengruppen sind. Wichtig war uns einmal die Rückmeldung, wie die Klasse die über fünf Wochen Isolation und Homeschooling verkraftet hatten, ihnen Mut zu machen für die ESA-Prüfung, zu organisieren welche Aufgaben in der Schule und welche zu Hause zu machen sind, Schullaptops zu verleihen und fachlich zu arbeiten. Mehr als einmal habe ich an diesem Vormittag Sätze wie „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so freue, wieder in der Schule zu sein.“, „Ich hab sie voll vermisst.“ und „Ich habe so Angst vor der Prüfung, wir konnten uns gar nicht richtig vorbereiten.“ gehört. Einige durften seit der Schulschließung die Wohnung kaum verlassen und andere haben die Zeit des Kontaktverbots mit sechs Personen in einer 2-Zimmerwohung verbracht, dementsprechend viel Zeit haben wir auch erstmal auf das gemeinsame Miteinander verwendet. Heute wurde dann sehr fleißig gearbeitet und es wurde noch einmal deutlich, wie viel individueller es sich in einer heterogenen und inklusiven Lerngruppe mit acht Schülern arbeiten lässt im Vergleich zu einer 24er-Gruppe. Ich hatte den Eindruck, dass viele heute entspannter in Bezug auf die Prüfungen nach Hause gegangen sind, als sie gestern in die Schule kamen.

Was mich in Bezug auf meine Kollegen wirklich gefreut hat, war die positive Einstellung zu dem ganzen Freestylemodus sowie die Freiwilligkeit und solidarischen Haltung mit der sie unterwegs sind. Ich hatte vor ein paar Tagen gegen 18 Uhr eine leere Tabelle mit der Besetzung der Notbetreuung bis 30. April für täglich acht Unterrichtsstunden rumgemailt mit der Bitte, dass sich gern die Kollegen eintragen sollen, die durch fachliche Vorbereitung oder Klassenversorgung nicht so stark eingespannt sind und die Tabelle war nach zweieinhalb Stunden komplett mit vielen verschiedenen Freiwilligen gefüllt. Andere Kollegen haben sich mit Schülern einzeln auf dem Parkplatz unter Wahrung der Abstandsregeln getroffen, ein bisschen mit ihnen geschnackt, Aufgaben ausgetauscht oder sind mit dem Fahrrad durch den Stadtteil gefahren, um Arbeitsmaterialien an die auszuliefern, die technisch sehr schlecht aufgestellt sind. So cool das ist, ist es schade, dass da noch nicht noch mehr digital geht, aber wir arbeiten daran.

Mir ist schon klar, dass es an dieser Stelle Kritik geben kann, dass wir durch unsere Kreativität und unsere Bemühungen falschen politischen Entscheidungen zum Gelingen verhelfen und die Entscheider später zu Unrecht sagen können: „Wo ist denn das Problem, lief doch alles!“, aber das ist für mich an dieser Stelle nicht die Hauptfrage. Bestimmte Entscheidungen der Bildungspolitiker für sich zu bewerten und das zu kommunizieren, ist eine Seite der Medaille, Erlasse und Vorgaben der Bildungspolitiker bestmöglich vor Ort umzusetzen und die Schülern gut zu versorgen eine andere.

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Individualisiertes Lernen – jetzt erst recht!

Photo by Deleece Cook on Unsplash

Individualisiertes Lernen ist ja keine neue Erfindung, aber vor allem im Kontext der Inklusion immer wieder ein gern benutzter Begriff. Gerade im Moment, wenn darüber diskutiert wird, wann, wie und für wen Schulen öffnen sollen, gewinnt es meiner Ansicht nach jedoch noch stärker an Gewicht. Bei der Abwägung der passenden Szenarien für meine Schule, speziell für die Abschlussjahrgänge 9 und 10, sehen ich eine Menge Chancen, sich aus der individualisierten Perspektive den Lösungsoptionen zu nähern. Beim Schreiben dieser Zeilen sehe ich vordergründig natürlich meine 9. Klasse einer Gemeinschaftsschule.

Das Ganze sollte meiner Meinung nach mit einer Bestandsaufnahme beginnen, bei der man die SchülerInnen befragt, wie sie selbst einschätzen, in welchem Umfang sie effektiv alleine zu Hause lernen können. Das hängt von vielen Faktoren ab:

  • Haben sie zu Hause Arbeitsraum und -ruhe.
  • Haben sie zu Hause Unterstützung.
  • Welche Aufgaben müssen sie aktuell in der Familie übernehmen.
  • Ist die technische Ausstattung den Aufgaben angemessen.
  • Haben sie die nötige Selbstkompetenz im Sinne von Disziplin, Durchhaltevermögen und Problemlösungsfähigkeit.

Diese Liste könnte man sicher noch erweitern. Im zweiten Schritt sollten die LehrerInnen, die eng mit der Lerngruppe arbeiten und die einzelnen SchülerInnen gut kennen, darüber beraten, inwieweit die Selbsteinschätzung realistisch und zielführend ist. Ein Schüler, der plant mit einem mittelguten ESA in die berufliche Ausbildung zu gehen und bei dem schon alles unter Dach und Fach ist, ist anders motiviert und braucht ganz andere Aufgaben als jemand, der plant im kommenden Jahr einen guten MSA zu machen und dann vielleicht weiter in die Oberstufe zu gehen. Dementsprechend sollten auch die Aufgaben und Ziele individualisiert werden und die LehrerInnen sollten überlegen, was jeder Einzelne braucht, damit die individuellen Ziele erreicht werden können und das auch mit dem Schüler besprechen und konkrete Vereinbarungen darüber treffen, wann Teilziele erreicht sein sollen und wie diese zu überprüfen sind.

Das würde für die Schulorganisation bedeuten, dass es Zeiten und Räume geben muss, in denen diejenigen unterstützt arbeiten können, die das für sich als die passende Arbeitsweise sehen. Darüber hinaus kann man Sprechstundenzeiten mit Terminvergabe planen, in denen einzelne Schüler sich mit den Lehrerkräften treffen und das bereits Geschaffte evaluieren, neue Zielabsprachen treffen und Hilfemöglichkeiten vereinbaren, die beispielsweise online durch Mitschüler oder Lehrkräfte erfolgen könnten.

Das hätte aus meiner Sicht auch den Vorteil, dass man weniger Sorge haben müsste, dass zu viele Personen auf zu engem Raum unterwegs sind, als wenn man alle SchülerInnen einer Abschlussklasse zur gleichen Zeit in die Schule bestellt und dann gesplittet in verschiedenen Räumen unterrichtet oder in einem Schichtsystem Teilgruppen in der Schule unterrichtet.

Da man sich als Lehrkraft ja ohnehin Gedanken machen muss, wie man die Zeit bis zur Prüfung auf den verschiedenen Levels, die in der Klasse vertreten sind, plant und organisiert, und sich sehr wahrscheinlich auf wesentliche Kompetenzen und Inhalte festlegt, ist der Vorbereitungsaufwand im Sinn der Formulierung der Arbeitsaufträge und der Materialbereitstellung überschaubar. Das bedeutet, dass viel Zeit für die individuelle Beratung, Unterstützung und Feedback bleibt.

In vielen Beiträgen in den sozialen Medien, die Eltern in der Zeit des Homeschoolings verfasst haben, wurde deutlich, dass offensichtlich Lehrkräfte Aufgaben im Sinne einer Beschäftigungstherapie aufgegeben haben, was ich sehr schade finde. Natürlich sollten SchülerInnen ein möglichst breites Angebot an Bildung bekommen und das umfasst eben nicht nur Deutsch, Englisch und Mathe. Aber auch hier sehe ich die Individualisierung als Chance für die Motivation der SchülerInnen, denn welchen Nutzen hat es, wenn alle ein Frühlingsbild mit Aquarellfarben malen sollen, weil es in Kunst grad dran ist? Worum geht es denn eigentlich? Ja, SchülerInnen sollten künstlerische Ausdrucksformen kennen lernen, um ihre eigenen Eindrücke und Gefühle für andere wahrnehmbar machen zu können. Aber gelingt das bei allen durch besagtes Frühlingsbild? Ganz sicher nicht und warum dann nicht die Palette mit anderen Darstellungsformen erweitern, die auch nicht zwingend visuell oder selbstgemalt sein müssen. Stärkenorientierung und die Nutzung der Energie, die intrinsische Motivation erzeugen kann, bedeutet nicht gleichzeitig, dass alle anderen Themen und Kompetenzen unnötig werden, aber gerade in Zeiten wie diesen, in denen aus psychologischer Sicht die Fähigkeit zur Selbstmotivation für Kinder und Jugendliche immens wichtig ist, sollte diese eher gefördert und nicht unterdrückt werden.

Mir ist durchaus bewusst, dass es aus Sicht derer, die Schule konservativer oder geprägt aus ihren eigenen Schulerfahrungen sehen, eine Menge Angriffspunkte in Bezug auf Leistungsorientierung, Benotung, Lehrpläne etc. sehen könnten. Aber meine Haltung zu Bildung im Allgemeinen und in der aktuellen Phase im Speziellen begründet sich auf meine Erfahrungen der letzten zehn Jahre, in denen ich nacheinander zwei Klassen mit großartigen Menschen von der 5. Klasse bis zu ihren jeweiligen Abschluss begleiten und unterstützen durfte und deren regelmäßige Rückmeldung mich gelehrt hat, ebendiese Haltung zu entwickeln.

Eine kleine Umfrage in meiner Klasse bestätigt mich in meiner Haltung und meinen Ideen.

 

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Sketchnotes: Einheiten umrechnen

gewichte-umrechnenAuf dem letzten BarCamp Skellige habe ich eine tolle Session zu Sketchnotes besucht und übe seitdem fleißig. Da meine Schüler immer wieder das Umrechnen der verschiedenen Einheiten verchecken, habe ich mal drei Übersichten gesketchnotet, die hoffentlich ein bisschen helfen. Weiterlesen

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Das Deutsche Lehrerforum – Wellness für’s Gehirn

img_20160924_182012Es ist nun schon eine Woche her, dass ich am Deutschen Lehrerforum vom 23. bis 25. September in Königswinter bei Köln teilnehmen durfte und nachdem die positive Erschöpfung, die mich durch die Woche begleitet hat, vergangen ist, möchte ich einen kleinen Rückblick mit Abstand wagen. Weiterlesen

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Schulentwicklungstag im Stil eines BarCamps

DSC_0139Nun ist er auch schon wieder vorbei, unser erster Schulentwicklungstag im Stil eines BarCamps und wenn ich mir die Zielscheibe mit den Rückmeldungen anschaue, würde ich sagen, dass wir etwas richtig gemacht haben. Angefangen hatte es vor etwa sechs Wochen, als in einer Dienstversammlung darüber gesprochen wurde, dass wir in diesem Schuljahr noch einen Schulentwicklungstag veranstalten sollten und bisher kein Thema anläge, das von außen verordnet wurde oder ganz dringend der Bearbeitung bedürfe. Einige Kollegen hatten die Idee, man könne ja in bestimmten Materialsammlungen und schulinternen Fachcurricula aufräumen, andere wünschten sich schon auch etwas Input für den Kopf. Deshalb warf ich mal die Idee eines Schulentwicklungstags im Stile eines BarCamps auf den Markt, bei dem es ja durchaus möglich wäre, auch Sessionslots für das Aufräumen zu reservieren, darüber hinaus aber auch mal die hausinternen Ressourcen zu nutzen, denn es gibt ja immer Kollegen, die tolle Sachen machen und da mal die Zeit hätten, etwas ausführlicher darüber zu berichten bzw. andere in etwas anzuleiten, das gern erlernt werden würde oder man könnte sich Zeit für Diskussionen nehmen, für die in anderen Sitzungen immer die Zeit fehlt. Weiterlesen

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Sie sind da!

Günter Havlena  / pixelio.de

Günter Havlena / pixelio.de

23 kleine neue Menschlein sind in meinen Klassenraum eingezogen und bisher bin ich total begeistert. Nachdem ich vor den Sommerferien eine 10. Klasse nach dem Abschluss gehen lassen musste, die ich seit der 5. Klasse als Klassenlehrerin hatte und die mir sehr ans Herz gewachsen waren, ist nun ein Neustart angesagt. Zusammen mit drei anderen 5.Klassen „wohnen“ wir auf einem Teamflur und ich hatte Glück und durfte in meinem Klassenraum bleiben, der mit Pflanzen und Regalen richtig gemütlich ist.

Am Mittwoch kamen sie dann, die neuen Fünftklässler und ich war ganz schön aufgeregt. Würde mir die Umstellung von den Großen zu den Kleinen einfach so gelingen? Bekomme ich es hin, all die sinnvollen Rituale und Abläufe, die wir an der Schule seit meinem letzten Neustart entwickelt und etabliert hatten gleich ordentlich umzusetzen? Außerdem habe ich zum ersten Mal eine I-Klasse mit einigen Kindern, die einen Förderbedarf Lernen haben? Die Grundvoraussetzungen sind ziemlich gut, denn ich habe in meinem Lehrerteam tatsächlich ausschließlich Kollegen, mit denen ich richtig gut kann – so menschlich gesehen.

Nach der Einschulungsveranstaltung gingen wir in die Klasse und haben dort eine Stunde verbracht und heute den ganzen Tag. Spätestens nach dem Satz: „Frau Lupin, kannst du mir bitte mal meine Haarspange richtig reinmachen, die rutscht immer wieder raus.“ war mir glasklar, dass ich wieder bei den Kleinen bin. 😉 Es ist unfassbar spannend die Lerngruppe zu beobachten und zu sehen, wie die Einzelnen miteinander agieren, was ihnen leicht und was ihnen schwer fällt, wer welchen Humor hat und vor allem, wie groß die Bandbreite der Charaktere und Auffassungsgaben ist.

Meine Klasse kann:

  • erstaunlich schnell leise werden, dafür, dass wir uns kaum kennen
  • Elternbriefe mit nach Hause nehmen und fast vollständig am nächsten Tag wieder ausgefüllt mitbringen
  • einen Stuhlkreis in 1:30 Minuten in einer erträglichen Lautstärke aufbauen
  • sich gegenseitig an Ruhe erinnern, wenn in Aussicht steht, dass wir rausgehen, wenn es in den nächsten 20 Minuten tippitoppi-leise ist
  • witzig sei 🙂

Ich freue mich auf die nächsten sechs Jahre!

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Berlin, Berlin, wir waren in Berlin

Berlin Zoo

Berlin Zoo

Gleich zu Anfang dieses Schuljahres war ich mit meiner Klasse in Leipzig zur Klassenfahrt und wir hatten jede Menge Spaß und alles hat super geklappt. Weil es so schön war, fragten mich einige Schülerinnen, ob wir nach den schriftlichen Hauptschulabschlussprüfungen nicht noch einmal gemeinsam irgendwo hinfahren könnten, quasi als Abschiedsfahrt, weil etwa ein Drittel die Klasse mit dem Hauptschulabschluss verlässt und damit eine gemeinsame lange Zeit endet. Die Eltern waren schnell überzeugt und auch das Amt stellt sich nicht quer, sondern übernahm bei denjenigen die Kosten, die Bildungsgutschein berechtigt sind. Interessant dazu ist vielleicht auch für andere die Gesetzeslage laut SGB.

Weil es schon in Leipzig so gut geklappt hatte, haben wir alle einzeln gebucht und sind so mit drei Übernachtungen im Hostel Singer 109, der Bahnfahrt mit dem „Quer durch’s Land Ticket“, Zoo-, Schwimmbad, Disco- und Museumsbesuch sowie einer Stadtrallye mit 200 Euro gut hingekommen. Dank Superwetter hatten wir in der Woche nach Pfingsten eine richtig schöne Abschlussfahrt und ich bin wieder mal davon überzeugt worden, dass ich die beste Klasse der Welt habe. 🙂 Weiterlesen

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Betroffenheit als didaktisches Mittel?

Paul-Georg Meister  / pixelio.de

Paul-Georg Meister / pixelio.de

Ich habe vor allem aus dem Grund Geschichte studiert, weil mich die Geschichten der Vergangenheit interessieren. Als Fach fürs Lehramt war das dann irgendwie logisch und aus dem Fragmentwissen aus verschiedenen Epochen ist ein Großes Ganzes geworden, das je länger man sich im Unterricht wieder mit einzelnen Fragmentthemen beschäftigt immer schlüssiger wird. Im Unterricht kommt dann noch hinzu, dass die Schüler mit ihrem Weltwissen eine ganz andere Perspektive auf Ereignisse haben.

Fakten, wie dass im 1. Weltkrieg 17 Millionen Menschen gestorben sind, dass Karl der Große 800 gekrönt und dass es – laut Wikipedia – vier Schlachten auf dem Amselfeld gegeben hat, sind da für ein gesamthistorisches Bild eigentlich irrelevant. Es ist glasklar, dass jeder Tote in jedem Krieg zuviel war, auch die Opfer aller vier Schlachten auf dem Amselfeld und dass es wesentlich interessanter war, wie Karl der Große seinen Alltag verbracht hat und dass er weder nur Held noch nur Sachsenschlächter war. Doch wie bekommt man es hin, dass die Schüler aus dem Geschichtsunterricht was für’s Leben und ihr eigenes Wertesystem mitnehmen.

Im Studium lernt man, dass es didaktisch höchst fragwürdig sei, Guido Knopp Produktionen im Geschichtsunterricht zu verwenden und dass man die Schüler nicht mit inszenierten Betroffenheitssituationen manipulieren soll und dass vor allem die Arbeit an den Quellen Geschichtsverständnis schafft. Es gibt sicherlich passende Themen, die man anhand von Quellen erarbeitet, wobei ich da oft Textquellen eher langweilig finde und zu bildlichen Darstellungen tendiere – ein Bild sagt oft mehr als 1000 Worte. Ich habe in meiner Lehrerkarriere noch nie vorher wirklich 3. Reich unterrichtet und bin ehrlich gesagt auch bisher kein wirklicher Fan der Zeit gewesen.

Vor einer Weile hatte ich mal scherzhaft angemerkt, ich könne ja das 3. Reich ganz einfach abhandeln, indem ich „Der Aufstieg des Bösen“, „Schindlers Liste“ und „Der Untergang“ mit der Klasse anschaue und dann eigentlich mit allem durch bin. Mittlerweile finde ich diese Idee gar nicht mehr so abwegig, denn was will man denn bei den Schülern erreichen, wenn man diese Zeitepoche aus dem Lehrplan abarbeitet, was sollen sie wirklich mitnehmen? Heute haben wir „Schindlers Liste“ geschaut und ich habe den Film erst zum zweiten Mal gesehen, nachdem ich 1993 im Kino war. Bei allem „hach, der zielt ja so auf’s Betroffenmachen ab“, fand ich ihn echt gut und habe meine Schüler aus der letzten Reihe beobachtet und sie waren absolut fokussiert. Beim Nachgespräch kamen dann auch sehr gute Denkansätze, Fragen und Rückmeldungen, bei denen es absolut logisch war zu sagen: „Ja, der Film sollte einem ein ungutes Gefühl machen, ja, es ist gut jetzt ein bisschen nachzudenken und nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen und ja, bestimmte Szenen wurden bewusst so inszeniert, damit er beim Zuschauer bestimmte Gefühle auslöst!“. Daran sehe ich nach meinen heutigen Erfahrungen auch nichts didaktisch Verwerfliches und habe das Gefühl, dass die Schüler eher und länger zum Denken angeregt wurden, als das der Originaltagebucheintrag eines Buchenwaldhäftlings oder eine Mortalitätsstatistik aus dem Jahr 1943 gekonnt hätte.



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Schule und so …

Gisela Peter  / pixelio.de

Gisela Peter / pixelio.de

Gestern war ich eher zufällig in einer fünften Klasse. Da ich mich ja sehr gemütlich mit fast allen Stunden in meinem neunten Jahrgang eingemugelt habe, kommt das eher selten vor, dass ich mich aus meiner Wohlfühlzone begeben muss. Fünftklässler … die sind klein, laut, frech und verstehen keine Ironie, ganz schlechte Kombi. Ach ja, sie sind auch erschüttert, wenn man im Unterricht „schlimme“ Wörter benutzt, auch nicht gut. Ich kam rein, es war turbolaut, das Leisezeichen funktionierte nicht und ich hatte keinen Rohrstock parat. Also Plan B, selbst etwas lauter werden und gezielt die Drahtzieher zum Schweigen zu bringen. Das geht entweder auf die weiche „hey, eigentlich finden wir uns doch gegenseitig cool“ oder die harte „wettern, dass ich den Strafarbeitenpoker länger durchhalte als du und du deine Schulden auch wirklich einlösen musst, weil ich es nicht vergesse?“-Tour. Hat tatsächlich funktioniert und wir konnten am Ende noch Wortarten-Eckenraten spielen. Ein Ergebnis des Strafarbeitenpokers bekam ich dann heute. Die Aufgabe war, sich in den von einer lieben Kollegin beaufsichtigten Lernzeitraum zu gehen, die Kollegin freundlich zu be- und von Frau Lupin zu grüßen und dann ein zehnzeiliges Gedicht mit der Überschrift „Ruhe ist schön“ zu schreiben. Er hat alle Aufgaben erfüllt:

Ruhe ist schön, weil man sich konzentrieren kann,

wenn man fertig ist, hat man fun.

Frau Lupin gibt sich Mühe,

doch die, die sich nicht dran halten, sind Kühe.

Wenn im Unterricht die Ruhe fehlt,

ist die Lernzeit, das was zählt.

Ich komm nicht aus meiner Haut,

manchmal bin ich laut.

Ich musste die ganze Zeit reimen,

deshalb bin ich aus Schleim.

Ganz ehrlich, ich finde das großartig 🙂

Eine andere gute Story war heute, dass eine Kollegin in ihrer achten Klasse die Donnerstagsnachmittagswahlpflichtkurse auswählen musste. das Problem ist, dass aus der Sicht meiner Kollegin und mir der Schüler, kaum attraktive Angebote vorhanden sind. Ein neuer Schüler hatte für sich das Angebot „Mädchentreff“ ausgewählt. Meine Kollegin fragte irritiert nach, ob ihm nicht klar wäre, dass das ein reiner Mädchenkurs ist. Er zeigte ihr in der Kursbeschreibung, dass das nichts von Genderbegrenzung zu finden sei und dass die Aussage „hier kannst du Freundinnen treffen“ sich doch wirklich gut anhöre und bestimmt Spaß mache, zumal er durchaus daran interessiert sei, eine Freundin zu treffen. Ich finde, dieser Vorfall spricht absolut für die Kompetenz des sinnverstehenden Lesens und ich schmeiß mich weg vor Lachen, wenn er bei der Zuteilung tatsächlich dort landet und dann der Hahn im Korb ist. XD

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Zeugnisgespräche

Rainer Sturm / pixelio.de

Rainer Sturm / pixelio.de

Seit dem wir eine Gemeinschaftsschule sind, sind halbjährliche Zeugnisgespräche ein fester Bestandteil unseres Konzepts. Sie finden regelmäßig etwa ein bis zwei Wochen vor den Zeugniskonferenzen statt und dienen der Reflexion über das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler. Dazu treffen sich Schüler, Eltern und Klassenlehrer zu einem halbstündigen Gespräch, auf das sich der Schüler anhand eines Leitfragebogens vorbereitet haben. Im Gespräch steht der Schüler im Mittelpunkt und sollte auch den hauptsächlichen Gesprächsanteil haben. Der Lehrer hakt ggf. nach und stellt Fragen, die dabei helfen sollen, die Schüleraussagen zu konkretisieren oder relativieren. Ein vom Lehrer getipptes Protokoll des Gesprächs bildet dann die letzte Seite des Zeugnisses und ersetzt die sonst allein vom Lehrer formulierten Beurteilungen des Arbeits- und Sozialverhaltens, das sicherlich jeder noch, gespickt mit Phrasen, in Erinnerung hat: „Yenefer ist eine freundlichen und hilfsbereite Schülerin, die im Unterricht gut mitarbeitet und nur gelegentlich durch Zwischenrufe stört ….blablabla.“

Diese Woche waren bei uns mal wieder Zeugnisgesprächstermine und ich hatte 19 Schüler meiner Klasse zusammen mit ihrer Eltern und bei wenigen Ausnahmen mit großen Geschwistern zu Besuch. Es ist für diejenigen, die seit der 5.Klasse bei mir sind nun das neunte Mal, dass ein Zeugnisgespräch stattfindet und im Laufe der Zeit haben sich die Gespräche sehr gewandelt. Bei vielen ist die Aufregung immer noch sehr groß, aber auffällig dieses Mal war, wie erwachsen die meisten geworden waren und wie realistisch ihre Ziele zum Teil geworden sind und wie lächerlich sie ihre Pläne von vor zwei oder drei Jahren sie nun finden.

Es ist auch fast bei allen Eltern jedes Mal wieder schön, sich zu sehen und ich freue mich immer wieder, wie entspannt das Verhältnis zwischen Lehrer und Eltern sein kann. Wenn ich an so manche Klassenlehrerin meines Sohnes denken, ist es undenkbar, dass ich jemals so entspannt mit ihr geplaudert hätte, wie „meine Eltern“ das mit mir machen. Der eine Vater nimmt Anteil an meiner Autokaufodyssee, während der andere mir erzählt, wie die türkischen Medien funktionieren und eine russische Mutter scherzt mit mir herum, dass es bei mir trotz sechs Jahren Russischunterricht nur für „Guten Tag“ und „Wie heißt du?“ reicht. Es ist einfach menschlich und auf Augenhöhe und das finde ich richtig gut.

Auch wenn die Tipperei von 19 mal 10 Antworten für das kommende Wochenende noch vor mir liegt, möchte ich die Zeugnisgespräche nicht missen und freue mich schon ein bisschen auf die nächsten, auch wenn das dann mit einigen Schülern und Eltern die letzten sein werden, da sie ihren Abschluss im Sommer machen.

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