Jetzt rächt sich direkt, dass ich gestern zu faul zum Schreiben war, denn ich habe das Gefühl, dass ich 10.000 kleine und große Erlebnisse hatte und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Der zweite Stopp war in Hannover und auf dem Programm standen das Sprengel Museum, das übrigens nach dem Schokoladenfabrikanten und Kunstsammler Bernhard Sprengel benannt ist und das Karikaturmuseum. Doch neben den künstlerischen Eindrücken stelle ich fest, dass das Alleinunterwegssein auch für die Wahrnehmung etwas ganz Besonderes ist. Es ist ja nun mal so, dass man in einer Gruppe oder zu zweit im Urlaub viel im Gespräch ist und weniger von dem wahrnimmt, was um einen herum geschieht. Ich lerne gerade noch damit umzugehen, denn neben vielen lustigen und amüsanten Wahrnehmungen, gibt es eben auch solche, von denen man lieber abgelenkt gewesen wäre. Doch dazu später mehr. Erstmal der kulturelle Rückblick.
Achja, das mit den Videoverlinkungen geht immer noch nicht, ich bin mit meinem Latein am Ende und warte auf eine Rückmeldung meines Superduperadmins, der aber wohl auch grad Urlaub hat, also gibt es so lange ganz old school Links.
Sprengel Museum
Als mir die Dame am Ticketschalter sagte, dass ich zwischendurch auch gern das Museum verlassen dürfe, um eine Pause zu machen und dann mit meinem Ticket wieder reinkäme, dachte ich mir etwas überheblich: „Ist ja nett gemeint, aber du hast hier einen Museumsprofi vor dir, der verkatert die kompletten Uffizien überstanden hat, da werde ich ja wohl so ein kleines Museum in Hannover mit links schaffen!“ – Ich habe eine Pause gemacht, wobei ich zu meiner Ehrenrettung einwerfen möchte, dass ich meinen Gürtel beim Packen vergessen hatte, meine Hose wie irre rutschte und ich in der Pause einen Notfallgürtel gekauft habe.
Was mich an diesem Museum besonders beeindruckt hat, war die Vielfalt und die Art der Aufbereitung. Erstes Highlight war Kurt Schwitters „Ursonate“ – geiler dadaistischer Scheiß. Das ganze war in Form einer Audioinstallation aufbereitet, bei der die Ursonate von einer Text-in-Ton-Computerstimme rezitiert wurde, während man den Text auf der Beamerleinwand mitlesen konnte. Sehr merkwürdig am Anfang, aber nach einer Weile fast musikalisch, zumindest wenn man, wie ich, elektronischer Musik etwas abgewinnen kann.
Spannend war auch die Reaktion der anderen Besucher, sodass es mir viel Spaß machte, neben der Stimulation meines dadaistischen Kunstsinns auch eine kleine Sozialstudie zu betreiben. Die häufigste Reaktion war: reinkommen, kurz innehalten, verwirrt gucken, Kopf schütteln, wieder rausgehen. Bei Besucherpaaren oder -gruppen folgte nach dem Kopfschütteln häufig noch ein: „Das hat doch mit Kunst gar nichts mehr zu tun!“ abwechselnd mit „Was soll daran denn Kunst sein?“. Das ist in der Tat eine gute Frage, die ich mir in den letzten Tagen auch oft gestellt habe, da ich auch nicht immer den Bezug zum Künstlerischen finden konnte oder gemerkt habe, dass diese Variante der Kunst mich nicht anspricht. Aber darf man dann gleich die künstlerische Intention an sich in Frage stellen? Das sind die Momente, in denen ich oft im ersten Moment dachte: „Blöd, dass jetzt niemand zum Diskutieren dabei ist.“ und dann, nach einer Weile doch ganz froh war, allein darüber grübeln zu können. Leider habe ich es versäumt ein ganz großartiges Kunstwerk Kurt Schwitters‘ zu fotografieren, das den wunderbaren Titel „Irgendwas mit einem Stein“ trug.
Ein großer Teil der Ausstellung widmete sich der Entarteten Kunst in vielen verschiedenen Facetten, was ganz interessant war, denn dort waren natürlich eine ganze Reihe Künstler vertreten, die ich gern mag oder die mir im Kontext eines Unterrichtsprojektes im letzten Schuljahr begegnet sind. Ganz besonders hat mich dabei das nebenstehende Bild von René Magritte angesprochen, das leider keinen Titel hat, dabei würde ich doch so gern wissen, was er sich dabei gedacht hat. Auch das ist übrigens eine häufige Erfahrung der letzen Tage, dass ich es ganz oft sehr ärgerlich finde, wenn die Kunstwerke keinen Titel haben. Mir ist das Argument sehr wohl bewusst, dass die Interpretation des Kunstwerks im Blick des Betrachters liegt, blablabla, aber ich will mich nach meiner Wahrnehmung gern mit der Intention des Künstlers reiben. Entweder nur ganz sanft, wenn ich seine Intention nachvollziehen kann oder ganz stark, wenn ich etwas ganz anderes darin sehe. Falls jemand dazu noch Gedanken oder Argumente hat, gern her damit.
Mir fallen noch so viele Dinge ein, die toll waren, vielleicht sollte ich einen Podcast dazu machen – ich muss ihn dann ja nicht hören und die Nicht-so-lang-Text-Leser sind nicht so stark gefordert. 😉
Noch zwei Kunsteindrücke aus dem Sprengel Museum in Kürze. El Lissitzky kannte ich vorher nicht, finde ich aber ganz wunderbar. Wer Lust auf ein bisschen mehr El Lissitzky hat, kann sich ja das kurze Video des NDR anschauen.
Ein weiterer großartiger Teil des Museums war die Fotoausstellung von Sascha Weidner, der leider vor zwei Jahren verstorben ist, was ich besonders traurig finde, weil er im gleichen Jahr wie ich geboren wurde. Seine Fotos sind ganz vielfältig und wirken natürlich in einer Galerie noch einmal ganz anders, als sie das auf Webseiten können. Mein ganz persönliches Highlight und auch ein Argument für die Vergabe eines Bildtitels ist das Foto „Marienerscheinung“.
Das Bild hing in einem Raum als erstes und die Liste der Titel konnte man erst am Ende des Raumes einsehen. Mein erster Gedanke zu dem Bild war: „Okay, Jacke über Lampe geworfen, muss wohl ’ne gute Party gewesen sein oder irgendjemand brauchte dringend gemütlicheres Licht.“. Als ich dann mit dem Titel im Kopf von der Ferne auf das Bild schaute, erschloss sich mir die Wahl des Bildtitels absolut.
Karikaturmuseum war super und hat sich gelohnt, ich habe viel geschmunzelt, das war sicher auch die Intention der Ausstellung.
Jetzt bin ich in Düsseldorf und da montags die meisten Museen geschlossen sind, werde ich diesen Tag der Kunst im urbanen Raum widmen und mir Mühe geben, meine Eindrücke in kleineren Häppchen zu verschriftlichen.
Achja, gestern war ich noch im Kino und habe „Die göttliche Ordnung“ gesehen, einen ganz tollen Film über den Kampf um das Frauenwahlrecht in der Schweiz, den sicherlich auch Menschen unterhaltsam finden werden, denen die Feminismus- und Genderdebatten gelegentlich auf den Keks gehen.
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