Roadtrip Tag 1: Hamburg

Keith Haring 1988

Keith Haring 1988

Alle Ferien wieder stellt sich die Frage, was man mit den sechs Wochen unterrichtsfreier Zeit anfängt. Ja, ich weiß, ich rede hier über ein Luxusproblem und will auch kein „Brot in die Wunde“ derer reiben, die Jobs haben, in denen sie nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch im Jahr verplanen dürfen und ebenso wenig die Diskussion starten, dass Lehrer ohnehin viel zu viel Urlaub haben. Vielmehr möchte ich versuchen, über mein heute gestern gestartetes Projekt zu berichten, das zum Einen „Urlaub mit mir selbst“ bedeutet, was um ehrlich zu sein eine Premiere für mich ist und zum Zweiten soll es ein Roadtrip durch Deutschland (zumindest ist das bisher der Plan) werden, mit dem Ziel, diese oder jene Kunst zu betrachten, die in Museen, Ausstellungen oder auf der Straße zu finden ist.

Update: Videos einzubetten scheint grad nicht so zu funktionieren, wie ich das möchte, aber ich habe keine Lust zu basteln, denn die nächsten Eindrücke warten schon auf mich. 😉

Los ging es mit einer Fahrt nach Hamburg und der Erkenntnis, dass es eigentlich eine Schande ist, dass es so unglaublich viele gute Ausstellungen gibt, die ich noch nicht gesehen habe, obwohl es doch so nah ist. Heute standen zwei Aktionen auf dem Plan, nämlich die Bill Viola Ausstellung in den Deichtorhallen und ein Besuch den Museums für Kunst und Gewerbe. Um die Fahrzeit zu vertreiben, die ja dank Baustellen im Moment etwas länger ist, habe ich ein für mich weiteres Neuland belauscht, nämlich Podcasts, die sonst nicht so mein Ding sind, weil ich ja so schlecht zuhören kann. 😉 Nee, aber mal im Ernst, ich habe bei Podcasts im Alltag oft das Problem, dass ich eine Weile aufmerksam zuhöre, um dann abzuschweifen bzw irgendwas nebenbei zu tun, das mich vom genauen Zuhören so sehr ablenkt, dass der Podcast irgendwann nur noch nebenbei düdelt. Da mein Sohn mir schon vor einer Weile „Die blaue Stunde“ mit Serdar Somuncu empfohlen hatte, habe ich mir mal ein paar Folgen davon heruntergeladen und heute auch ausgiebig reingehört. Macht schon Spaß dieses Zuhören und Autofahren, vor allem war ich verwundert, dass es mich kaum gestört hat, nur Schritttempo zu fahren oder zwischendurch auch mal ganz zu stehen. Nun aber zurück zum eigentlich Start der Reise …

Deichtorhallen

In der St. Pauls Cathedral in London hatte ich im Mai zwei Videoinstallationen von Bill Viola gesehen, die ich sehr beeindruckend fand. Das ging mir bei ähnlichen Installationen vorher selten so, aber wahrscheinlich hatte ich sie nur nicht richtig verstanden. Bill Violas Videos zeichnen sich vor allem durch eine gewisse Langsamkeit aus, die dem Betrachter viel Zeit gibt, einzelne Sequenzen bewusst wahrzunehmen und dadurch eine ganz neue Wiese der „Bildbetrachtung“ zu erfahren. Auch die meisten Installationen in den Deichtorhallen enttäuschten die Erwartungen nicht, wenngleich einige wenige sich mir auch nicht erschlossen haben, denn einem wenig attraktiven Mann bei einer halbstündigen Waschung seines Körpers zuzusehen, fand ich nicht sehr spannend oder inspirierend.

Im Haus der Photographie war eine Ausstellung des Künstlers Andreas Mühe mit dem Titel „Pathos als Distanz“ zu sehen, die in großen Teilen interessante Fotos zeigte, die vor allem durch Jagdmotive und politische Darstellungen gekennzeichnet sind. Hier gab es eine ganze Reihe ansprechende Motive zu entdecken, die von ihren teilweise skurrilen Inszenierungen lebten.

Museum für Kunst und Gewerbe

Kettensägencontroller Resident Evil 4 - 2005

Kettensägencontroller Resident Evil 4 – 2005

Mal abgesehen von einer besonderen Ausstellung zu Keith Haring und einer weiteren mit Plakaten von Robert Rauschenberg sind auch die ständigen Sammlungen des Museum sehr beeindruckend und die Kunstwerke sind sehr ansprechend arrangiert. Dieses Museum ist auf jeden Fall sehr zu empfehlen, wenn man in Hamburg ist und ein bisschen visuelle Bildung tanken möchte. Besonders spannend fand ich persönlich natürlich auch die Ausstellung zu Etappen des Gamings, die nicht nur diverse Hardwaremeilensteine der Gamecontrollerentwicklung zeigte, sondern auch Kunstwerke mit Gamingbezug präsentierte.

Ein weiteres Highlight ist der Bereich zu islamischer Kunst, die ich bisher immer als etwas eintönig wahrgenommen hatte, da es wenig figürliche Darstellungen gibt, dafür jede Menge Ornamente und Blümchen und natürlich sehr detailliert gestaltete Abschriften des Korans. Aber es geht offensichtlich auch anders, wenn man die Perspektive wechselt und so bin ich auf die Comickünstlerin Tuffix gestoßen, die sehr coole Comics aus der Sicht eines jungen, muslimischen Mädchens in Deutschland gestaltet. Außerdem fand ich den Anime „Burka Avenger“ sehr unterhaltsam und hätte diesen nicht in einer solchen Ausstellung vermutet.

Darüber hinaus gibt es noch viele andere kleine und große Highlights in diesem Museum zu entdecken, es lohnt sich also auf jeden Fall, mal reinzuschauen.

Der Tag endete dann mit der Fahrt nach Hannover, wo mein zweiter Zwischenstopp sein soll.

 

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