Wer steckt eigentlich hinter Knoppix? Um einmal herauszufinden, wie ein OpenSource Projekt wie Knoppix eigentlich zustande kommt und wer die Menschen hinter dieser genialen Idee sind, habe ich mich mit Klaus Knopper und seiner Frau Adriane getroffen und ihnen einige Fragen gestellt. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass Adriane blind ist und dank einiger intelligenter Programme ihres Mannes trotz allem vollwertig am Computer agieren kann. Aber lest selbst, was mir die beiden erzählten.
Herr Knopper, wann haben sie denn das erste Mal an einem Computer gesessen?
Klaus Knopper: Ich bin da eher ein Spätzünder gewesen und hatte in der Schulzeit und auf dem Gymnasium noch gar kein Interesse an Computern. Die anderen hatten damals schon einen C64, aber ich hatte zu dieser Zeit noch gar keinen Bezug dazu.
Das kam dann erst in der Universität. Eigentlich wollte ich ja Solartechnik studieren, aber damals war die Zeit einfach noch nicht reif dafür. Deswegen habe ich Elektrotechnik studiert und hatte im Studium dann auch erstmals Kontakt mit Computern, der erste war ein Commodore Amiga, das muss so ziemlich genau 1989 gewesen sein. Dazu muss ich aber sagen, dass ich den Rechner nie zum Spielen genutzt habe, sondern ausschließlich zum Programmieren. Der hatte ja damals schon eine Sprachausgabe und ich habe dann kleine Grafik- und Sounddemos in C geschrieben. Ein bisschen später habe ich den Rechner dann auch dazu genutzt, um Ergebnisse aus den Mathe und Physik Vorlesungen zu präsentieren.
Dabei gilt meine Faszination weniger der Technik an sich, als vielmehr den Möglichkeiten, die man mit einem solchen Gerät hat. Also eher die soziale Komponente, den Menschen eben einen einfacheren Zugang zu dieser Technik zu ermöglichen. Zum Beispiel wollte ich meine Frau Adriane ermuntern den Computer zu nutzen und habe ihr als erstes Ebay gezeigt. Nun kann sie über ein Sprachausgabeprogramm unter Linux ganz einfach auf Webseiten zugreifen und sich dort bewegen.
Adriane Knopper: Seit zwei Jahren nutze ich jetzt den Computer mit diesen Unterstützungsprogrammen und kann so eben auch surfen und chatten.
Klaus Knopper: Erst wollte sie nicht so richtig und jetzt kauft sie fast jeden Tag etwas bei Ebay. (lacht)
Nach den guten Erfahrungen, die Adriane damit gemacht hat, haben wir das Konzept auch erweitert und ein eigenständiges Projekt dazu gestartet. Es wendet sich vor allem an blinde Menschen, die dank dieser Technik dann trotz visueller Einschränkungen den Rechner nutzen können, aber auch an all diejenigen, die eben durch die vielen bunten Icons überfordert sind, wenn sie die ersten Schritte am Computer machen und lieber eine Schritt für Schritt Führung haben wollen. Näheres zum Audio Desktop Reference Implementation and Networking Environment (adriane) findet man auf der Webseite dazu. Dadurch können ohne finanziellen Aufwand Computerarbeitsplätze für Menschen mit visuellen Einschränkungen geschaffen werden.
Wie war denn ihr Weg zum Linux, vorhin bei der Präsentation bemerkten sie ja, dass sie sich mit Windows nicht so auskennen, kann man daraus schließen, dass sie in ihrem Leben bisher kaum Berührungspunkte mit diesem Betriebssystem hatten?
Klaus Knopper: An der Uni habe ich dann unter UNIX gearbeitet und deshalb natürlich auch immer nach UNIX-Lösungen gesucht, wenn ich ein Ziel hatte, das ich umsetzen wollte. Jetzt in meiner Lehrtätigkeit werde ich schon mit Windows konfrontiert, da die Rechner in der Uni eben vorwiegend unter Windows laufen. Aber mittlerweile darf ich dann zu Beginn meiner Vorlesungen eben umbooten und da ich mein Betriebssystem ja immer in der Tasche mit mir herum tragen kann, ist dass dann auch kein Problem.
Wie ist denn die Idee entstanden ein vollwertiges Betriebssystem mit einer grafischen Oberfläche auf eine CD zu packen, die dann ohne Festplattenzugriffe funktioniert? Und war Knoppix eigentlich das erste Projekt dieser Art, oder gab es solche Ansätze schon vorher?
Klaus Knopper: Die Idee war ja eine Live CD zum Ausprobieren zu konzipieren, bei der der User sich nicht um so vieles kümmern muss, wie Installation, Partitionierung etc. Gesehen hatte ich einen Ansatz davon schon 1999 auch hier auf der CeBit, da wurde von SUSE eine Version vorgestellt, mit der man mit Hilfe einer Rettungsshell auf den Compuer zugreifen konnte. Die lief aber noch halb von CD und halb von der Festplatte. Das Modul wurde von mir von dem Autor übernommen und entsprechend mit meinen Ideen weiter entwickelt. Durch die enorme Kompression der Dateien passten auf die CD zwei GigaByte Daten. Auf der DVD sind es jetzt über neun GigaByte. Der Vorteil der Kompression ist auch, das weniger Daten gelesen werden müssen, so dass man genug Platz hat um die komplette Palette unterzubringen, es soll dabei aber auch keine funktionale Überforderung stattfinden.
Wie muss man sich das vorstellen, ist Knoppix ein Ein-MannProjekt und wie ist es überhaupt möglich, das über so lange Zeit zu verfolgen, da ja keine finanziellen Interessen dahinter stecken?
Klaus Knopper: Knoppix war von Anfang an ein privates Projekt mit dem ich meine Ideen umsetzen wollte. Deshalb auch der etwas ungewöhnliche Name. Hätte ich damals schon gewusst, dass dieses Projekt irgendwann so öffentlich wird, hätte ich mir einen besseren Namen ausgedacht, vielleicht Thunderbird oder so, aber den gibt es ja nun auch schon. (lacht) Eigentlich ist es nach wie vor ein schönes Hobby und ich investiere nicht mehr Zeit da hinein, als ich wirklich dafür habe.
Ein Ein-Mann-Projekt ist es auf keinen Fall, denn ohne die über 3000 Debian-Entwickler wäre Knoppix gar nicht in der Form existent, in der es heute besteht. Viele Programme und Dienste gibt es ja schon seit langem für Debian, ich habe im Prinzip ’nur‘ die Hardwareerkennung und das RAM-Disk-Konzept eigenständig entwickelt. Im Moment arbeiten ständig etwa zwei bis vier Leute an diesem Projekt und mit ca. 100 Programmierern stehe ich dauernd per Email in Kontakt, die dann ihre Ideen, Tipps und Tricks dazu beitragen.
Knoppix selbst ist ja OpenSource Software, als stehen dort keine finanziellen Interessen dahinter, wenn ich aber Vorträge halte oder Schulungen gebe, wird das schon entsprechend vergütet. Oder eben auch bei solchen speziellen Aktionen wie jetzt mit dem heise Verlag.
Eigentlich erübrigt sich in ihrer Gegenwart sicher die Frage: „Was ist besser Linux oder Windows?“, aber mich würde schon interessieren, an welchen Stellen sie sagen würden, dass Linux das bessere Betriebssystem ist?
Klaus Knopper: So leicht dahin sollte man das nicht sagen und eigentlich stellt sich auch gar nicht die Frage welches Betriebssystem besser oder schlechter ist. Es steckt einfach eine komplett andere Philosophie dahinter, deshalb sind die beiden auch nicht vergleichbar, es ist ein völlig anderes System. Man sollte an diese Frage ganz anders herangehen. Oft werde ich von Leuten gefragt, die Knoppix ausprobiert haben: ‚Gibt es dieses oder jenes Windows Programm auch für Linux?‘. Denen erkläre ich dann, dass es nicht diese eins zu eins Übertragung gibt, wenn man aber ein Programm sucht, dass bestimmte Dinge können soll, dann kann man sicher sein, dass es das unter Linux gibt. Ich empfehle ihnen in diesem Zusammenhang einen guten Artikel zu diesem Thema, der den Titel hat ‚Linux ist nicht Windows‘. Man sollte eben einfach weg von diesem Produktdenken gehen und mehr zum Nachdenken über Funktionalität. Natürlich ist es aber aufgrund der anderen Philosophie so, dass sich im OpenSource Bereich mehr Gedanken über die Usability gemacht wird, wenn jemand also bemerkt, dass eine bestimmte Funktion toll wäre und es sie noch nicht gibt, wird sie eben programmiert.
Viele Gamer schrecken ja vor allem aus dem Grund noch vor Linux zurück, weil es für sie schwierig ist, ihre Lieblingsspiele einfach zu installieren und zu spielen. Meinen sie, dass sich da in Zukunft etwas tun wird?
Klaus Knopper: Zum einen haben wir ja die Games-Knoppix Version die mein Kollege Martin Oehler betreut, der ihnen dazu sicher mehr sagen kann. Zum anderen ist der Aufwand für den Spielehersteller eigentlich gar nicht so groß, wenn er auf die Spiel-DVD eben auch die entsprechenden Spieldateien für Linux packen würde, so das der Spieler die Wahl hat für welches Betriebssystem er das Spiel installiert. Denn die eigentlichen Spieldateien, die bei den beiden Betriebssystemen verschieden sind, haben gar nicht so einen großen Umfang und die Grafik- und Sounddateien sind ja davon nicht betroffen, die mittlerweile den größeren Anteil bei so einem Spiel ausmachen.
Spielen sie selber am Computer?
Klaus Knopper: Wenn ich spiele, dann am liebsten Schach oder andere strategische Spiele, die einen fordern. Ich habe vor einiger Zeit ein Schachprogramm entwickelt, da spielt der Mensch aber nicht gegen den Rechner, sondern trifft sich mit anderen, also eher ein Schachspielerverwaltungsprogramm. Ansonsten aber eher Denk- und Strategiespiele. Sie kenen vielleicht noch Enigma, das gab es auch schon früher auf dem Amiga, es ist eine Mischung aus Marbel Madness und Strategie, man muss da eine kleine Kugel mit der Maus navigieren und verschiedene Aufgaben lösen, das kann ich stundenlang spielen, es ist immer wieder herausfordernd und abwechslungsreich. Mittlerweile spielen meine Kinder das auch. In der jetzigen Knoppix Version gibt es ja auch standardmäßig über 300 Spiele mit dazu, die Qualität und der Anspruch sind dabei ganz verschieden.
Da Knoppix ja nun kein kommerzielles Projekt ist, stellt sich natürlich für uns auch die Frage, wie verdienen sie ihr Geld bzw. was machen sie aktuell beruflich.
Klaus Knopper: Im Moment habe ich eine Vertretungsprofessur an der Fachhochschule Kaiserslautern inne, im Fachbereich Betriebswirtschaft. Dort biete ich Veranstaltungen in den Fächern Wirtschaftinformatik, Grundlagen der Informatik und Software Engineering an. In einem meiner Wahlpflichtveranstaltungen müssen meine Studenten virtuelle Roboter (Robocode) in Java programmieren, die dann in einer virtuellen Arena gegeneinander antreten. Natürlich müssen sie die Programmierung ordentlich dokumentieren, denn sie sollen dabei ja auch was lernen und üben selbstständig etwas zu entwickeln und umzusetzen. Außerdem gebe ich auch noch eine Vorlesung zur Linux Administration.
Vielen Dank ihnen Beiden für das nette Gespräch.
Elemente von sozialen Netzwerken übertragen Daten, ohne dass sie tatsächlich angeklickt werden. Aus diesem Grund musst du bei uns den Button vor der Benutzung erst aktivieren.