Ein weiteres tragisches Ereignis hat sich in die schon viel Publicity erheischende Thematik der Amokläufe in Schulen eingereiht. Heute lief in Emsdetten ein 18jähriger ehemaliger Realschüler Amok und verletzte dabei mindestens 27 Menschen physisch und unzählige weitere psychisch. Unser Mitgefühl gilt in erster Linie den Opfern, von denen glücklicherweise keiner tödlich verletzt wurde.
Doch was geschah da heute im Münsterland? Die Medien überschlagen sich förmlich mit Erklärungsansätzen und Vermutungen die Tatmotive betreffend und sind sehr eifrig dabei die Ursachen zu ergründen. Wen wundert es da, dass die üblichen Verdächtigen unter den Motiven als erstes aufgegriffen werden.
Was weiß man jedoch über den Täter? Zuerst einmal, dass was er von sich selbst preisgegeben hat und zwar in seinem Abschiedsbrief: „Das einzigste, was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe, war, dass ich ein Verlierer bin.“ Ein trauriges Resümee nach einer durchlaufenen Realschullaufbahn. Und natürlich will keiner in seiner Umgebung die Anzeichen für seine extreme Frustration wirklich ernst genommen haben. Aussagen wie: „Die Lehrer werden schon noch was erleben.“, die er laut seiner Mitschülern bei seiner Abschlussfeier geäußert hat, wurden ignoriert. Sicher nimmt kein durchschnittlicher Schüler solche Aussagen ernst, doch in Zusammenhang mit Außenseitertum, Waffenfaible und häufig geäußerter Wut auf die bestehenden Systemgegebenheiten, wäre es sicher angebracht gewesen.
Nun ist es jedoch ein weiteres Mal passiert, dass ein junger Mensch keinen Ausweg aus seinem frustrierenden Leben wusste, als sich möglichst medienwirksam bei seinem Abgang von der für ihn sehr tragischen Bühne Leben zu verabschieden. Und auch diesmal werden zwar die für viele Jugendlichen alltäglichen Missstände erwähnt, doch die Schuldzuweisungen schnell auf einfachere und bequemere Erklärungsansätze gelenkt und natürlich auch sofort mögliche Verbesserungsansätze angeboten, die nicht etwa Aufklärung, Sensibilisierung und Medienkompetenz lauten, sondern Zensur und Verbote von ‚Killerspielen‘.
Man zieht die Parallelen zu Steinhäuser, Klebold und Harris, jedoch nicht auf der Ebene der gescheiterten zwischenmenschlichen Ebene, sondern lediglich dahingehend, dass euch er ein leidenschaftlicher Spieler des „oft als Gewalt verherrlichend kritisierten Computerspiels «Counterstrike» gewesen“ sei und seine Schule als Map im Spiel nach gebaut haben soll. Doch die eigentlichen Parallelen liegen schon nach so kurzer Zeit für den kritischen Betrachter in seiner Wut auf die bestehende Gesellschaft, die sich immer mehr über materielle Statussymbole definiert und ihn dazu gebracht hat einen solchen Entschluss zu fassen.
Was nun in den nächsten Tagen folgen wird, liegt auf der Hand. Politiker und Medien werden die Bevölkerung mit Erklärungsmodellen und lauthals geäußerten Verboten überschütten, jedoch der Ansatz zum Dialog über die Aufgabe der Eltern und Pädagogen, die Jugend auf das Leben mit Medien und deren Konsum vorzubereiten und gemeinsam dafür zu sorgen, dass kein Jugendlicher überhaupt an einen solchen ‚Point of no Return‘ kommen kann, wird sehr wahrscheinlich wieder zu kurz kommen. Obwohl dieser Ansatz absolute Priorität hat, um solche medienwirksamen und all die kleinen, alltäglichen Tragödien im Leben junger Menschen in Zukunft zu verhindern.
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