Da stehen wir nun, wir bekennenden Computer- und Konsolenspieler, inmitten der von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann angeprangerten Problemgruppen, die es zu bekämpfen gilt, direkt neben den gedopten Radsportlern, den Kinderpornografen und den Anti-G8-Raudis. In einem Interview mit der Berliner Zeitung sprach er über die wichtigen Tagesordnungpunkte der morgen beginnenden Innenministerkonferenz. Es ist was faul im Staate Deutschland und ich meine damit nicht die Arbeitslosigkeit und die immer schlechteren Bildungsbedingungen, auch nicht die Integrationsprobleme mit den Migranten und Migrantinnen in diesem Land, nein es ist viel schlimmer. Die Jugend spielt virtuelle Spiele, die ihre Schulnoten verschlechtern und ihr Gerechtigkeitsempfinden, wenn es um Gewaltdarstellungen geht, abstumpfen und die für die Alterseinstufung zuständige Behörde, die USK fällt angeblich reihenweise falsche Urteile. So liest sich zumindest die Aussage von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, der seit geraumer Zeit die Becksteinsche Linie fährt, hart und unnachgiebig.
„Ich halte die „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“, die USK, die für die Alterskennzeichnung von Computer- und Videospielen zuständig ist, in keiner Weise dafür geeignet, Killerspiele altersgerecht einzuordnen. 60 Prozent der Spiele sind völlig falsch eingestuft.“
Soweit so ungut. Man mag von den gedopten Radsportlern halten, was man will und über das für uns wieder eines friedlichen aber energischen Protest zum G8-Gipfel in Heiligendamm, möchte ich mich gar nicht weiter äußern, aber die Kinderpornografen haben dann das Sahnehäubchen in Schünemanns Äußerungen aufgesetzt. Wieder einmal wird schlicht verallgemeinert und die üblichen Verdächtigen werden über einen Kamm geschoren. Nur dass auch wieder einmal vergessen wird, dass durch die Einnahme von Drogen, was Dopingmittel ja nun schlichtweg sind, reale Körper geschädigt werden. Sollten bei den Anti-G8-Demonstrationen Steine und Molotov-Cocktails fliegen, werden reale Menschen verletzt und dass Kinderpornografie reales Leid verursacht, ist des Erwähnens überflüssig.
Doch die große Gruppe der Spieler von Computer- und Videospielen, die viele, virtuelle Spiele spielen, die völlig ohne Gewalt auskommen, von denen viele einen realen, guten Job haben oder sich mit einer realen, guten Ausbildung beschäftigen, werden zu schwarzen Schafen abgestempelt und der Schrei nach Zensur, die ja laut Grundgesetz nicht stattfindet, wird wieder lauter. Ja, es gibt einzelne Spiele, die zu viel virtuelle Gewalt enthalten und diese werden durch die USK entsprechend eingestuft, nämlich so, dass sie nur für Erwachsene geeignet sind. Doch Schünemann sieht das als zu wenig an, denn seiner Meinung nach sollte die Einstufung der Spiele in staatliche Hände, zum Beispiel in die der Bundesanstalt für Jugendmedienschutz. Bei seinen Ausführungen stützt er sich tapfer auf die Studie von Prof. Pfeiffer, die die Misseinstufung von 60 Prozent der Spiele zum Ergebnis hatte. Bis heute wissen wir aber immer noch nicht welche 72 Spiele er getestet hat.
„Aus verfassungsrechtlichen Gründen wird es nicht möglich sein, dass nur staatliche Stellen über eine Indizierung entscheiden. Das würde bedeuten, dass Spiele einer Zensur unterliegen, bevor sie auf dem Markt kommen.“
Das erkennt Herr Schünemann ganz richtig, denn noch leben wir in einem Staat, der uns in Artikel 5 des Grundgesetzes Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit zusichert. Aber wenn es nach ihm und den anderen Hardlinern ginge, würde sich das schnell ändern, denn er sieht zuversichtlich auf die Konferenz.
„Die Vorkonferenz hat einen fast einmütigen Beschluss hinbekommen, um Killerspiele zu verbieten. Lediglich Nordrhein-Westfalen ist skeptisch. Wir sehen eine Notwendigkeit, dass der Artikel 131 Strafgesetzbuch, mit dem Gewaltdarstellungen verboten werden, verschärft wird. Ich denke, wir könnten uns hier auch mit der großen Koalition einigen.“
Wann werden wir denn nun eine genaue Definition des Begriffs Killerspiele erhalten, wenn schon dauernd über ihr Verbot diskutiert wird? Wann wird den werten Politikern klar, dass ein radikales Verbot, nicht den Effekt haben wird, den sie sich wünschen? Wann werden sie merken, dass es jede Menge reale Probleme gibt, um die es sich mehr zu kümmern lohnt, als um die virtuellen Spielereien einer Generation, von der sie sich gedanklich immer mehr entfernen? Und wann, werden sie dialogbereit sein und die Notwendigkeit einsehen, dass Medienkompetenzerziehung bei Eltern, Pädagogen und Jugendlichen viel mehr bewirken kann, als jedes Verbot?
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