Wie schon angedroht, möchte ich mich auch noch einmal verbal über die Klassenfahrt mit meiner Klasse auslassen, denn es war immerhin für mich die erste Klassenfahrt, die ich komplett selbst geplant, organisiert und als Klassenlehrerin begleitet habe. Da ich die Klasse nun schon vier Jahre und ein paar Wochen kenne, war es auch Zeit für die spannende Bilanz, ob meine Bemühungen, soziale Kompetenzen oft über die fachlichen zu stellen, Früchte getragen haben.
Schon relativ früh hatten wir uns gemeinsam entschieden, dass wir nach Leipzig fahren würden, da es preiswerter als andere deutsche Großstädte ist, man dort eine bunte Mischung aus pädagogisch wertvollen und bespaßenden Aktivitäten findet und ich mich dort auskenne, da ich immerhin 20 Jahre da gelebt habe. Da sich die Angebote der einschlägigen Klassenfahrtsanbieter eher unflexibel lasen, entschied ich mich, alles einzeln und selbst zu buchen und uns dabei größtmögliche Flexibilität zu wahren.
Also fuhren wir mit einem durchgängigen Zug hin, hatten eine Unterkunft in dem sehr sympathischen Sleepy Lion Hostel, in dem wir nur frühstückten und alle Aktivitäten waren möglichst locker auf die Tage vor Ort verteilt, damit Zeit für viel Freizeit blieb. Für Mittag und Abendbrot hatte ich jeweils fünf Euro pro Mahlzeit pro Schüler geplant, was auch gut funktionierte. Es war jedes Mal ein Spaß, wenn Frau Lupin den dicken Stapel Fünfer aus der Tasche zog und mit mahnenden Worte, wo und wann wir uns nach der Essenspause wiederträfen, an die hungrige Meute verteilte. Hat aber astrein geklappt und es ist keiner verhungert. Wer jetzt denkt, dass ausschließlich McDonald und KFC Food in den Mägen landete, denkt falsch, denn es war eine bunte Mischung an Essen vertreten. Besonders cool fand ich ja, dass die Manga-Anime-Fraktion die Chance nutzte, mal ordentlich Sushi auszuprobieren und sie fanden es lecker. Ich selbst war ebenfalls mit einer Mädchengruppe in einem Sushi-Karussell-Restaurant und es war sehr spannend, sie dabei zu beobachten, wie sie rumtesteten und wie probierfreudig sie dabei waren.
Nachdem wir die Zimmer im Hostel bezogen hatten, machten wir uns auf den Weg in die City und legten auch gleich die erste Essenspause ein. Beim anschließenden Treffen waren fast alle pünktlich, wobei ich selbstkritisch sagen muss, dass die veranschlagte Zeit etwas zu kurz war, um in Ruhe essen zu können. Vor allem das Thema Pünktlichkeit machte mir im Vorfeld etwas Sorgen, denn in der Schule klappt das nicht immer so wirklich gut. Aber auf Klassenfahrt ging das auf einmal super. Die maximale Verspätung hatte eine Mädchengruppe beim morgendlichen Treffen, weil ein Bad mit einem Spiegel für fünf schminkwütige Damen einfach nicht ausreichte und es deshalb zu Stauerscheinungen kam, aber auf das allmorgendliche Kilo Make up auch auf keinen Fall verzichtet werden konnte. Alle anderen Treffen liefen dahingehend völlig entspannt ab. Ein großer Vorteil war dabei auch die, die ganze Woche bestehende, Whats App Gruppe , in der immer wieder Infos ausgetauscht wurden, wenn jemand vergessen hatte, wann und wo das nächste Treffen war oder wie der Weg dahin ist. Da hat sich diese Kommunikationsform auf jeden Fall absolut bewährt.
Am Montag Nachmittag sahen wir uns gemeinsam verschiedene Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt an, wobei mir besonders die Führung durch die Katakomben der Moritzbastei gefallen hat, weil ich dabei Räume zu sehen bekam, die ich auch vorher noch nie betreten hatte. Der einzige Wermutstropfen an diesem Abend war die Beschwerde einer Hostelnachbarin, der es schon 21 Uhr zu laut war, was uns dazu bewog, am ersten Abend die Zügel etwas anzuziehen und Besuche in den Nachbarzimmern zu verbieten. Dafür klappte es in den Nächten darauf etwas besser, wenn auch das Schlafpensum für uns Lehrern jede Nacht zu gering war, aber das gehört halt zur Klassenfahrt dazu.
Am Dienstag besuchten wir das Völkerschlachtdenkmal und nahmen an einer, leider sehr langatmigen, Führung teil, die uns einen Einblick in die Details der Schlacht gab. Das Highlight der Führung war auf jeden Fall die Frage eines Schülers, ob die Dame, die uns recht euphorisch alle Einzelheiten der Schlacht erzählte, selbst dabei gewesen sei – die Völkerschlacht war 1813. 😉 Danach bestiegen wir das Bauwerk und kehrten anschließend in die Innenstadt zurück. Den Nachmittag verbrachten wir im Park, wo die Schüler kickten, Basketball und Tischtennis spielten oder einfach das schöne Wetter im Freien genossen. Am Abend ging es zum Bowlingspielen, das so toll war, dass wir es spontan um eine Stunde verlängerten und dann erst gegen 23 Uhr ins Hostel zurückkehrten.
Mittwoch stand der Freizeitpark Belantis auf dem Plan. Die Schüler hatten Spaß und wir die meiste Zeit unsere Ruhe, was ja auch nicht zu verachten ist. Abends ließen wir sie noch bis 21 Uhr in der Stadt frei und damit war auch dieser Tag gelungen über die Runden gebracht.
Am Donnerstag besuchten wir das Zeitgeschichtliche Forum, in dem wir über die Details des Mauerbaus, die friedliche Revolution in Leipzig 1989 und den Mauerfall informiert wurden. Dem Begleiter durch die Ausstellung, die sehr ansprechend aufbereitet ist, gelang es großartig, sich auf die sprachlichen Voraussetzungen der Gruppe einzustellen und es entwickelten sich angeregte Gespräche über die Ereignisse. Da dort mit Kopfhörern und Mirko gearbeitet wird, konnten sich die Schüler recht frei um Umkreis des Begleiters durch die Ausstellung bewegen und viele sahen sich verschiedene Ausstellungsstücke sehr interessiert an. Besonders begeisterte mich dabei eine Jungsgruppe, die dermaßen aktiv mitarbeitete, Fragen stellte und daran interessiert war, Zusammenhänge zu begreifen.
Am Nachmittag ging es in den Leipziger Zoo, der nach all den Umbaumaßnahmen wirklich beeindruckend geworden ist. Nach vier Stunden waren immer noch einige der Meinung, dass die Zeit viel zu kurz sei und sie locker noch zwei Stunden länger herumschauen könnten. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass etwa die Hälfte der Schüler noch nie in einem Zoo dieser Größe gewesen waren und es richtig toll fanden, dass dieser Besuch zum Programm gehörte.
Abends ging dann ein Teil der Klasse mit meinem Kollegen ins Kino und ich durfte mit vier Mädchen in eine Open Air Improvisationstheatervorstellung der Gruppe Theaterturbine gehen, die wirklich richtig gut war.
Am Freitag ging es dann schon wieder nach Hause, wobei wir aus Kostengründe dafür den abenteuerlichen Weg gewählt hatten – drei Mal umsteigen mit Regionalzügen. Hierbei zeigte sich auch noch einmal, wie gut die Klasse als Gruppe in Stresssituationen funktioniert, denn in Uelzen hatten wir massive Verspätung und nur drei Minuten Zeit, den Bahnsteig zu wechseln, um in den Hamburger Zug einzusteigen. Das wollten mit uns gefühlt auch noch eine Million andere Menschen. Es blieb also nur, in Kleingruppen zusammen zu bleiben, auf einander zu achten und zu hoffen, dass dann im Zug wieder alle 23 Schüler da sind. Beim Bahnsteigwechseln beobachtet ich wirklich tolle Szenen, in denen Schüler, die sich sonst nicht nahe stehen einander halfen, die Koffer die Treppe hochzubekommen, sich gegenseitig anzufeuern zügig zu laufen und nach denen Ausschau zu halten, die grundsätzlich etwas verpeilter sind. Alles ging gut und wir kamen später in Skellige wieder in voller Mannschaftsstärke an.
Auch wenn ich phasenweise echt kaputt war und aufgrund des Schlafmangels auch reizbarer als sonst, war die Klassenfahrt rückblickend ein rundum tolles Erlebnis, bei dem es keine Zwischenfälle gab, die dieses Bild stören würden und ich kann nur sagen, dass ich mit diesem Haufen jederzeit wieder wegfahren würde.
Highlights:
Schülerin: „Frau Lupin, brauchen wir beim Kanufahren alle Wettungsresten?“
Ich treffe einen Schüler nachts halb drei auf dem Gang, als er sich aus dem Mädchenzimmer schleicht.
Frau Lupin: „Sag mal, hast du die Ansage vorhin nicht verstanden, dass ihr auf euren Zimmern bleiben sollt?“
Schüler: „Wieso, das war doch gestern, jetzt ist doch ein neuer Tag, ich dachte, das gilt jetzt nicht mehr.“
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Herrlicher Bericht. Sehr ausführlich und interessant – und zudem schön, daß man spürt, wie sehr du auf deine Schüler eingegangen bist und auch einiges aus deren Sicht verstehen konntest! Weiter so 🙂
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